Gerd Helmut Diestler, Volkswirt der IHK Düsseldorf. Foto: Mathias Kehren
Gerd Helmut Diestler, Volkswirt der IHK Düsseldorf. Foto: Mathias Kehren

Velbert/Kreis Mettmann. Zu Beginn des Sommers 2020 hat die Corona-Krise die Wirtschaft im Kreis Mettmann weiter fest im Griff. Trotz Lockerungen sind die wirtschaftliche Tätigkeiten nach wie vor erheblich eingeschränkt. Das stellt die IHK als Ergebnis ihrer jüngsten Umfrage unter gut 180 Unternehmen fest.

„Viele Branchen können die (Umsatz)Verluste nicht wieder wettmachen. Die Nachfrage gewerblicher und privater Kunden stockt immer noch. Darüber hinaus ist die eng verzahnte, arbeitsteilige und globalisierte Wirtschaft empfindlich gestört und kommt nur langsam wieder in Gang“, skizziert Gerd Helmut Diestler, Konjunkturexperte der IHK Düsseldorf, die aktuelle Lage der Wirtschaft im Neanderland.

An der jüngsten IHK-Konjunkturumfrage haben sich in den ersten beiden Juniwochen gut 180 Unternehmen mit zusammen rund 15.000 Beschäftigten beteiligt. Insgesamt beurteilt die Wirtschaft ihre Geschäftslage als schlecht: Fast jeder zweite Betrieb ist derzeit unzufrieden. Unter den Vorleistungsgüterproduzenten sind es sogar fast drei von vier. Der Geschäftslage-Saldo, also die Differenz der Anteile von Betrieben in guter beziehungsweise schlechter Verfassung, liegt aktuell bei minus 30 Prozentpunkten, nach noch plus 13 Punkten zu Jahresbeginn.

Und die kurzfristigen Aussichten sind laut der IHK-Umfrage ebenfalls schlecht: In den nächsten zwölf Monaten erwartet fast jeder zweite Betrieb einen (weiteren) Rückgang und nur jeder vierte eine Besserung seiner Geschäfte (Saldo: minus 27 Prozentpunkte). „Eine baldige konjunkturelle Erholung oder gar Rückkehr zum Vor-Krisen-Niveau sieht die Wirtschaft aktuell nicht“, fasst Diestler das Stimmungsbild im Neanderland zusammen.

Bis auf das Baugewerbe alle Branchen in der Krise

Bis auf das Baugewerbe und einige wenige Dienstleistungen befinden sich alle Branchen in der Krise. Der Einzelhandel und viele Dienstleister wurden stark vom Lockdown getroffen und können ihre Leistungen noch immer nur unter großen Einschränkungen anbieten.

Großhändlern sei die Nachfrage in großen Teilen weggebrochen. Industriebetrieben machten Grenzschließungen und Hygieneauflagen sowie krisenbedingte Nachfrageeinbrüche aus dem In- und aus dem Ausland schwer zu schaffen.

Von den Vorleistungsgüterproduzenten, zu denen auch die Zulieferindustrie zählt, befindet sich kaum einer in einer guten Geschäftslage, aber mehr als 70 Prozent berichten von einer schlechten Lage. Dagegen ist die Situation der Investitionsgüterproduzenten derzeit noch ausglichen.

Einzelhändler mussten zeitweise ihre Ladengeschäfte schließen oder zumindest harte Hygieneauflagen erfüllen. Tourismus, Gastronomie und Freizeitwirtschaft kamen zeitweise fast komplett zum Erliegen und können nur eingeschränkt neu starten. Die Logistikbranche profitiert zwar vom Online-Boom, leidet aber unter gesunkenen Frachtaufkommen sowie der eingeschränkten Personenbeförderung.

Auslastung der produzierenden Betriebe unter 66 Prozent

Die Auslastung von Maschinen und Ausrüstungen der produzierenden Betriebe ist auf weniger als zwei Drittel eingebrochen. „Das sind vier Punkte weniger als auf dem Tiefpunkt im Spätsommer 2009“, vergleicht Diestler. Selbst das Baugewerbe musste einen merklichen Rückgang auf nur noch 77 Prozent hinnehmen. Dramatisch ist die Situation bei den Vorleistungsgüterproduzenten, deren Auslastungsgrad sogar knapp unter die 60-Prozent-Marke gerutscht ist.

Die angespannte Situation und die eher düsteren Wirtschaftsaussichten schlagen sich deutlich in den aktuellen Investitionsplanungen und bei den Beschäftigungsabsichten nieder. Bei den Inlandsinvestitionen überwiegen nun mit 39 Prozent der Nennungen die Betriebe mit Budgetkürzungen, in der Industrie sind es sogar 48 Prozent. Die Hälfte aller Betriebe hat ihre Investitionsbudgets für die kommenden zwölf Monate gesenkt. Nur ein Drittel will seinen finanziellen Aufwand aufrechterhalten, und nur zwölf Prozent wollen auch während der Corona-Krise stärker als zuvor an ihrem Standort im Kreis Mettmann investieren.

33 Prozent aller antwortenden Unternehmen tragen sich mit dem Gedanken, Personal abbauen zu wollen, in der Industrie beabsichtigen dies 47 und bei den Vorleistungsgüterproduzenten sogar 57 Prozent. Nur in der Bauwirtschaft sind die Pläne noch ausgeglichen. „Noch schlagen sich die Kürzungsabsichten der Unternehmen nicht in den Arbeitslosenzahlen nieder, sondern werden kurzfristig gut durch die Kurzarbeit aufgefangen“, so Diestler abschließend.