Leandra Kinzle aus Velbert vor dem weltberühmten Hollywood-Schriftzug

Velbert. Leandra Kinzle (16) aus Velbert ist im Rahmen eines Austauschprogramms für zehn Monate in Kalifornien. Für den Super Tipp berichtet sie über ihre Erlebnisse:

Seit über drei Monaten bin ich in Kalifornien. Am meisten habe ich mich vor dem Flug gefürchtet, da ich noch nie alleine geflogen war. Die Flugstrapazen waren aber schnell vergessen. Amerika, Kalifornien, der kleine aber wunderschöne Ort Oakhurst haben mein Herz vom ersten Blick an gewonnen.

Das wichtigste zuerst: Ich habe meine Entscheidung für ein Austauschjahr nicht bereut!
Meine erste Gastfamilie war eine Willkommensfamilie bei der ich die ersten drei Wochen verbracht habe. Willkommensfamilie ist eine Familie, die das Kind übergangsweise bei sich aufnimmt, bis die dauerhafte Aufnahme in einer Gastfamilie gesichert ist. Als die Zusage von meiner High-School kam, hat Stepin, meine Austauschorganisation, eine Willkommensfamilie organisiert, damit ich gemeinsam mit einheimischen Kindern pünktlich in das Schuljahr starten kann.

Gut aufgenommen: Leandra Kinzle (l.) mit neuen Freunden.

Die von Stepin für mich gewonnene Familie war eine Feuerwehrmann-Familie, die mich sehr herzlich aufgenommen hat. Ich habe mein eigenes Zimmer bekommen. Die mitgebrachten kleinen Aufmerksamkeiten sind gut angekommen. Insbesondere hat die deutsche Schokolade geschmeckt. Später durfte ich auch die Feuerwehr meines Gastvaters besuchen.

Schon am nächsten Tag nach der Ankunft habe ich meine Schule – Yosemite High-School – kennengelernt. Die High-School hat einen Dachs als Maskottchen. Also gehöre ich jetzt auch zu der großen Dachsfamilie der Yosemite High-School.

Für die erste Zeit wurde mir eine Beraterin von der Schule zur Seite gestellt. Mit ihrer Hilfe habe ich meine Fächer und Sportaktivitäten gewählt. Ich fand es super, dass ich meinen eigenen Stundenplan selbst zusammenstellen durfte. Mein erster Stundenplan war leider nicht optimal. Ich habe nämlich nicht berücksichtigt, dass die Unterrichtszimmer nicht in einem Gebäude liegen, sondern auf dem riesig großen Campus verteilt sind. Da sah ich mal wieder: was man nicht im Kopf hat, hat man in den Beinen … Der zweite Stundenplan war deshalb umso durchdachter. Positiv überrascht war ich übrigens von der großen Bedeutung des Sportunterrichts auf amerikanischen Schulen.

Während ich mich in den ersten drei Wochen eingelebt habe, hat sich meine Koordinatorin um eine dauerhafte Gastfamilie für mich gekümmert. Die Koordinatoren sind Mitarbeiter der amerikanischen Partnerorganisation von Stepin, die sich um die Austauschkinder vor Ort kümmern, deren Wohnverhältnisse prüfen und für alle Fragen zur Verfügung stehen. Außerdem bieten die Koordinatoren regelmäßig Treffen und Ausflüge an, weil die Möglichkeiten der Gastfamilien zeitlich und finanziell unterschiedlich sind.

An meine neue, dauerhafte Gastfamilie musste ich mich nicht lange gewöhnen. Da diese Familie mit meiner Willkommensfamilie befreundet ist, kannten wir uns bereits. Ich habe mich aber sehr darüber gefreut, dass ich dieses Mal auch eine Gastschwester bekommen habe.

Inzwischen habe ich das Gefühl ein Teil der Familie zu sein. Sie sind sehr bemüht meinen Aufenthalt bei ihnen möglichst angenehm zu gestalten. In der kurzen Zeit haben sie sehr viele Ausflüge mit mir unternommen. Wir waren in Santa Cruz und in Los Angeles. Wir haben drei wunderbare Tage in Disney Land verbracht. In Holiwood durfte ich FOX TV und Movie Studios besuchen. Natürlich habe ich einige Fotos bei dem berühmten Holiwood Sign, dem bekannten Schriftzug in den Hollywood Hills, gemacht und bin über den Hollywood Walk of Fame gelaufen.

Ein Wochenende haben wir in Magic Mountain in einem sehr beliebten Freizeitpark mit den größten und schnellsten Achterbahnen der Welt verbracht. Dann haben wir meine erste Familie in San Francisco, wo sie hingezogen ist, besucht.

Bei diesen Reisen wurde ich immer wieder von der wunderschönen Natur Kaliforniens überwältigt. Deshalb ist es sehr schmerzhaft anzusehen, was das Feuer dieses Jahr vielerorts in Kalifornien angerichtet hat. Vor Bränden waren wir zum Glück sicher. Trotzdem haben wir mit den Betroffenen mitgefühlt und uns Sorgen gemacht.

Meine Gastfamilie beteiligt sich bei verschiedenen Wohltätigkeitsprojekten. Es werden Feste und Galaessen organisiert, deren gesamte Erlös für einen guten Zweck gespendet wird. Vor kurzem wurde ein Fest für obdachlose Menschen mit Musik, Spielen und vielen Leckereien organisiert. Bei dem Fest habe ich gemeinsam mit meiner Gastschwester und Schulfreunden das Essen verteilt. Dabei habe ich die Erkenntnis gewonnen, dass man mit der Hilfe nicht nur Hilfsbedürftigen, sondern auch sich selbst etwas Gutes tut.

Ein sehr wichtiges Ereignis war die sogenannte Homecoming-Woche. Für jeden Tag dieser Woche wurde ein Motto festgelegt, nach dem sich alle Schüller und das Lehrerteam gekleidet haben. Nach dem Unterricht fanden in dieser Woche verschiedene Spiele und Challenges statt. An dem Donnerstag der Homecoming-Woche fand die Fotball-Parade von den verschiedenen Jahrgängen, Football-Spieler und Cheerleader statt, die sich auf Paradewagen präsentiert haben. Das war großartig! Nach dem Homecoming-Football-Spiel am Freitagabend wurden die Ballkönigin und Ballkönig gekrönt. Mit einem Tanzball am Samstag endete feierlich die Homecoming-Woche. Den sagenumwobenen High-School-Spirit habe ich in dieser Woche tatsächlich gespürt.

Ein besonderes Fest war das Halloween. Meine Gasteltern haben eine große Party organisiert, das Haus mit vielen Dekorationen in ein Gruselhaus umgewandelt und für das besondere Büfett aus abgetrennten Fingern, Riesenspinnen, Friedhofauflauf und anderen leckeren Speisen gesorgt. Ich und meine Gastschwester durften alle Freunde und Schulkameraden einladen, die natürlich verkleidet gekommen sind.

Mein Alltag in Kalifornien besteht aber nicht nur aus tollen Ausflügen, Festen und Tanzbällen. Da ich hier die Abschlussklasse besuche, muss ich alle Testarbeiten mitschreiben. Die Hausaufgaben sind sehr umfangreich und werden in jedem Unterricht kontrolliert.

Die Hausaufgaben nicht machen, ist ein absolutes No-Go. Außer Sportunterricht spiele ich Basketball und trainiere an mehreren Tagen in der Woche für Wettkämpfe.

Vermisse ich mein Zuhause? Meine Freunde und meine Familie in Deutschland vermisse ich natürlich manchmal. Da es aber so viel los ist, bleibt für Heimweh nicht wirklich viel Zeit übrig.